Ansprache Seiner Heiligkeit des Patriarchen Kyrill am Pfingstsonntag 2014

Am 8. Juni 2014, nach dem Ende der Liturgie am Pfingstsonntag in der Mariä-Himmelfahrt-Kathedrale des Sergius - Dreifaltigkeitsklosters wandte sich Seine Heiligkeit der Patriarch von Moskau und der ganzen Rus' Kyrill vom Balkon der Patriarchengemächer an die Gläubigen mit den Worten:

„Ihnen allen, liebe Väter, Brüder und Schwestern, gratuliere ich herzlich zur Feier der Heiligen Dreifaltigkeit. Mit diesem großen Fest endet die Periode der Pentekoste. Von Ostern bis heute priesen wir unseren auferstandenen und in den Himmel aufgefahrenen Herrn. Aber der heutige Tag ist der Erinnerung an ein sehr wichtiges Ereignis gewidmet – die Entstehung der Kirche. Der Herr schenkte den Heiligen Geist den Aposteln und über sie – uns allen. Der Heilige Geist verbleibt in der Menschengeschichte, im Menschenleben und im Leben jedes Einzelnen. Jemand wird vielleicht, fragen – und wo ist der Heilige Geist? Wo wirkt er? Die erste und möglicherweise wichtigste Antwort ist:: Er ist im Wort Gottes. Das Evangelium, die Briefe der Apostel, alle wichtigen Texte, auf denen unser Glaube beruht, wurden nicht deswegen geschaffen, weil die Apostel kluge und gebildete Leute waren. Die meisten waren einfache Leute, aber der Heilige Geist wirkte in ihnen. Daher heißt auch dieses Wort „Wort Gottes“, gottinspiriertes Wort, das heißt, dass Gott selbst in die Schreibenden den die Kraft spendenden Geist einhauchte. Genau deswegen kann man das Wort Gottes nicht vernichten. Keine menschlichen Intrigen, keine falsche Logik, keine falschen Beweise, die mit der Menschenmacht hergehen (ob es die Macht des Geldes, der Herrschaft oder der Militärstärke ist), sind in der Lage, nicht nur das Wort Gottes zu vernichten, sondern auch nur seine Wirkung in den Menschen zu schwächen. Und das Wort Gottes teilt die Seele, das Herz und den Verstand wie ein zweischneidiges Schwert (Hebr. 4,12), weil das Wort Gottes eine große Herausforderung für den Menschen ist. Es enthält Wahrheiten, die man nicht ignorieren kann, es enthält Forderungen, die unmöglich übergangen werden können. Weil wenn diese Forderungen nicht erfüllt werden, gerät das menschliche Leben ins Wanken – persönliches, familiäres und staatliches Leben, also das Leben der ganzen menschlichen Familie. Ohne Herabkunft des Heiligen Geistes und der Geburt der Kirche wäre das Christentum nur eine weitere intellektuelle Lehre, ein Ausfluss der menschlichen Philosophie. Aber genau deshalb, weil das Wort Christi nicht menschliches Wort, sondern gleichzeitig menschliches und göttliches Wort war, genau deshalb, weil dieses Wort den Menschen nicht mittels der menschlichen Kraft, sondern durch den Heiligen Geist gegeben worden ist, wird dieses Wort auch wahrgenommen und leitet das menschliche Leben.   Gott ist mit uns durch die Kraft des Heiligen Geistes. Durch die Kraft des Heiligen Geistes verbleibt unser Herr Jesus Christus zwischen uns in der Kirche, die wir Seinen Leib nennen. Möge uns daher der Segen des Heiligen Geistes zur Vernunft bringen, stärken und von jeder Sünde und das Leben zerstörenden menschlichen Schwäche erlösen.

Ich gratuliere Ihnen Allen herzlichst zu dem Feiertag!“