Erklärung des Patriarchen Kyrill im Zusammenhang mit der neuerlichen Verschärfung des zivilen Widerstands in der Ukraine
Seine Heiligkeit, der Patriarch von Moskau und der ganzen Rus' Kyrill gab eine Erklärung im Zusammenhang mit der neuerlichen Verschärfung des zivilen Widerstands in der Ukraine ab.
In der Ukraine wird wieder Blut vergossen. Die Zusammenstöße im Gebiet von Doneck und die tragischen Ereignisse in Odessa haben zum Tod von Dutzenden von Menschen und zu einer weiteren Destabilisierung der Situation im Land geführt. Viele sind verzweifelt und haben Angst um ihr Leben und das Leben ihrer Angehörigen.
In dieser schwersten Zeit ist mein Herz bei der Ukraine, bei jedem ihrer Söhne und Töchter, die Schmerz, Trauer, Ratlosigkeit, Ärger und Verzweiflung erleben. Ich bete um die Seelenruhe aller Opfer des Blutvergießens, um die Errettung des Lebens der Opfer und die schnelle Genesung der Verwundeten. Mein heißes Gebet gilt auch der Genesung des Landes, der Befriedung der Feindschaft; dass kein Blut mehr vergossen werde und die Gewalt für immer aufhören möge.
Die Verantwortung für die nun vor sich gehenden Ereignisse liegt in erster Linie bei jenen, die statt zum Dialog zur Gewalt greifen. Besondere Sorge ruft die Anwendung von schwerer Kriegstechnik im zivilen Widerstand hervor. Der Grund für den Einsatz von Gewalt ist, wie so oft, eine politisch radikale Einstellung und die Verweigerung des Rechts, dass Bürger ihrer Überzeugung frei Ausdruck verleihen können.
Unter den Bedingungen in der heutigen Ukraine ist es unmöglich, dass nur eine der politischen Positionen als einzig möglich und für alle verpflichtend propagiert wird. Dies ist verderblich für das Land. Ich bin überzeugt, dass man ein für alle mal von Versuchen Abstand nehmen muss, seine Überzeugung mit Gewalt zu festigen. Ich fordere alle Seiten auf, auf den Gebrauch von Waffen zu verzichten und alle Probleme durch Verhandlungen zu lösen. Die Ukraine braucht zumindest in der kurzfristigen Perspektive Waffenruhe, langfristig aber einen soliden und dauerhaften Frieden.
Die Ukraine kann nur heilen und den Weg zur Schaffung eines würdigen Lebens für die Bürger gehen, wenn sie gemeinsame Heimat für Menschen unterschiedlicher politischer Überzeugungen ist, die sehr verschieden voneinander sein können Es gibt keine Alternative zum Dialog. Es ist unumgänglich, solange noch die Möglichkeit dazu besteht, auf einander zu hören und nicht nur die nunmehrigen Widersprüche zu lösen, sondern auch die Treue zu den christlichen geistlichen und moralischen Werten zu erneuern, die das Volk der Ukraine geformt und es durch Weisheit und Gerechtigkeitsliebe bereichert haben. Ich bin überzeugt, dass gerade diese Werte heute helfen werden, einen Weg zum Frieden und zu Gerechtigkeit zu finden, ohne die eine würdige Zukunft des Landes undenkbar ist.
Großer, Einziger Gott! Bewahre die Rus'-Ukraine!
Übersetzung des russichen Originals: www.patriarchia.ru