Erklärung des Heiligen Synods der Russischen Orthodoxen Kirche vom 14. September 2018 im Zusammenhang mit dem unrechtmäßigen Eindringen des Patriarchats von Konstantinopel in das kanonische Territorium der Russischen Orthodoxen Kirche

Die Erklärung wurde auf einer außerordentlichen Sitzung des Heiligen Synods der Russischen Orthodoxen Kirche am 14. September 2018 verabschiedet.

Der Heilige Synod der Russischen Orthodoxen Kirche hat mit tiefem Bedauern und mit Trauer die Erklärung des Heiligen Synods der Orthodoxen Kirche von Konstantinopel über die Ernennung ihrer „Exarchen“ in Kiew zur Kenntnis genommen. Diese Entscheidung wurde getroffen ohne Zustimmung des Leiters der Russischen Orthodoxen Kirche sowie des Metropoliten von Kiew und der ganzen Ukraine Onufrij, des einzigen kanonischen Oberhauptes der orthodoxen Kirche in der Ukraine. Es handelt sich um eine grobe Verletzung des Kirchenrechts, um das Eindringen einer Lokalkirche in das Territorium einer anderen. Darüber hinaus positioniert das Ökumenische Patriarchat die Bezeichnung „Exarchen“ als Etappe in der Verwirklichung des Planes, der Ukraine die „Autokephalie“ zu gewähren – ein Prozess, der gemäß der Erklärung unumkehrbar ist und zum Abschluss gebracht werden wird.

Im Bestreben, die Ansprüche des Thrones von Konstantinopel auf Erneuerung der Jurisdiktion über die Kiewer Metropolie zu untermauern, erklären die Vertreter des Phanar, dass die Kiewer Metropolie angeblich nie in die Jurisdiktion des Moskauer Patriarchats übergeben worden sei. Solche Behauptungen entsprechen nicht der Wahrheit und widersprechen vollständig den historischen Fakten.

Der erste Sitz der Russischen Orthodoxen Kirche, die Kiewer Metropolie, bildete mit ihr jahrhundertelang ein einziges Ganzes, ungeachtet der politischen und historischen Verhängnisse, die mitunter die Einheit der Russischen Kirche aufgelöst hatten. Das Patriarchat von Konstantinopel, zu dessen Jurisdiktion die Russische Orthodoxe Kirche anfangs gehörte, verteidigte konsequent bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts diese Einheit, die sich rückblickend in den Titeln der Metropoliten von Kiew reflektiert: „von der ganzen Rus’“. Und auch nach der faktischen Übertragung des Hauptsitzes von Kiew nach Wladimir, dann nach Moskau, wurden die Metropoliten der ganzen Rus’ weiter „von Kiew“ genannt.

Die zeitweise Aufspaltung der einen Metropolie der ganzen Rus’ in zwei Teile ist verbunden mit den traurigen Folgen des Konzils von Ferrara-Florenz und dem Beginn der Union mit Rom, welche die Kirche von Konstantinopel zunächst annahm, die Russische Kirche jedoch sofort ablehnte. 1448 setzte das Konzil der Bischöfe der Russischen Kirche ohne den Segen des Patriarchen von Konstantinopel, der zu dieser Zeit in der Union lebte, Iona als Metropoliten ein. Seit dieser Zeit existiert die Russische Orthodoxe Kirche als autokephal. Doch ein Jahrzehnt später, im Jahr 1458, weihte der damalige Patriarch von Konstantinopel Gregor III. Mammas, der sich in der Union befand und in Rom weilte, für Kiew einen selbstständigen Metropoliten, den Uniaten Gregor den Bulgaren, und unterwarf ihm Territorien, die heute einen Teil der Ukraine, von Polen, Litauen, Weißrussland und Russland bilden.

Durch Beschluss des Konzils von Konstantinopel 1593 unter Teilnahme aller vier östlichen Patriarchen wurde die Moskauer Metropolie in den Rang eines Patriarchates erhoben. Das Patriarchat vereint alle russischen Lande. Das bezeugt ein Brief des Patriarchen von Konstantinopel Paissios an den Patriarchen von Moskau Nikon im Jahr 1654, worin letzterer als „Patriarch von Moskau, der Großen und der Kleinen Rus’“ bezeichnet wird.

Die Wiedervereinigung der Kiewer Metropolie mit der Russischen Kirche erfolgte 1686. Dies geschah durch einen entsprechenden Akt, unterzeichnet durch den Patriarchen von Konstantinopel Dionysios IV. und die Mitglieder seiner Synode. Das Dokument erwähnt mit keinem Wort den vorläufigen Charakter der Übertragung der Metropolie, wie jetzt unbegründet die Hierarchen von Konstantinopel sagen. Auch in den Texten zweier anderer offizieller Dokumente von Patriarch Dionysios – an die Moskauer Zaren und an den Metropoliten von Kiew – ist nicht die Rede von einer vorläufigen Übergabe der Kiewer Metropolie. Im Gegenteil, das Schriftstück von Patriarch Dionysios an die Moskauer Zaren aus dem Jahr 1686 spricht von der Unterordnung aller Kiewer Metropoliten unter Patriarch Joachim von Moskau und seine Nachfolger: „Jetzt und künftig sollen sie den jeweils amtierenden Patriarchen von Moskau als Ältesten und Vorsteher anerkennen, als hätten sie von ihm ihre Weihe empfangen“. Die Interpretation der Bedeutung der genannten Dokumente des Jahres 1686 durch die Vertreter der Kirche von Konstantinopel findet nicht die geringste Grundlage in den Texten.

Bis zum 20. Jahrhundert hat keine Lokale Orthodoxe Kirche, einschließlich Konstantinopel, die Jurisdiktion der Russischen Kirche über die Kiewer Metropolie bestritten. Der erste Versuch, diese Jurisdiktion infrage zu stellen, ist mit der Gewährung der Autokephalie für die Polnische Orthodoxe Kirche verbunden, die zu diesem Zeitpunkt einen autonomen Status innerhalb der Russischen Orthodoxen Kirche besaß. In dem von der Russischen Kirche nicht anerkannten Dekret über die Autokephalie der Polnischen Kirche erklärte der Patriarch von Konstantinopel im Jahr 1924 ohne jegliche Grundlage: „Der erste Abfall von unserem Thron der Kiewer Metropolie und den von ihm abhängenden Orthodoxen Kirchen von Litauen und Polen und deren Angliederung an die Heilige Kirche von Moskau erfolgte nicht in Übereinstimmung mit den kanonischen Vorschriften.“

Leider ist dies nur eines der Anzeichen für den Eingriff des Patriarchats von Konstantinopel in das kanonische Territorium der Russischen Kirche in den 1920er und 1930er Jahren. Zur gleichen Zeit, als die Russische Kirche die in ihrer Grausamkeit beispiellosen atheistischen Verfolgungen erlitt, unternahm das Patriarchat von Konstantinopel, ohne Wissen und Zustimmung der Russischen Kirche, unkanonische Schritte in Bezug auf autonome Kirchen, die zum Bestand der Russischen Kirche gehörten und auf dem Territorium der neuen Staaten lagen, die sich innerhalb der Grenzen des ehemaligen Russischen Reiches gebildet hatten: 1923 transformierte das Patriarchat von Konstantinopel die autonomen Kirchen auf dem Territorium von Estland und Finnland in eigene Metropolien; 1924 gewährte es der Polnischen Orthodoxen Kirche die Autokephalie[1], 1936 verkündete es seine Jurisdiktion in Lettland. Darüber hinaus integrierte Konstantinopel 1931 russische Emigrantengemeinden in Westeuropa in seine Jurisdiktion ohne Zustimmung der Russischen Orthodoxen Kirche, indem es sie in ein eigenes vorläufiges Exarchat umwandelte.

Als besonders unwürdig erwies sich die Teilnahme des Patriarchats von Konstantinopel an Versuchen, im Jahr 1917 den kanonisch gewählten heiligen Bekenner Tichon, Patriarch von Moskau und der ganzen Rus’, zu stürzen. Diese Versuche unternahm im Jahr 1920 die atheistische Regierung, indem sie künstlich in der Russischen Kirche eine Spaltung von modernistischen Neuerern (Renovationisten) schuf, um die Autorität der Orthodoxen Kirche bei den Gläubigen zu untergraben, die Kirche zu „sowjetisieren“ und sie Schritt für Schritt zu vernichten.

1920 förderten die Renovationisten aktiv Verhaftungen von orthodoxen Bischöfen und Priestern, schrieben Denunziationen gegen sie und nahmen deren Kirchen in Besitz. Patriarch Gregor VII. von Konstantinopel unterstützte offen die Renovationisten. Sein offizieller Vertreter in Moskau, Archimandrit Basilios (Dimopoulos), war bei den lügnerischen Synoden der Renovationisten anwesend, und 1924 wandte sich Patriarch Gregor an den ehrwürdigen Tichon mit dem Aufruf, auf das Patriarchat zu verzichten.

In demselben Jahr 1924 veröffentlichten die Renovationisten Auszüge aus Protokollen der Heiligen Synode des Patriarchats von Konstantinopel, die sie von Archimandrit Basilios (Dimopoulos) erhalten hatten. Nach einem Auszug, der auf den 6. Mai 1924 datiert ist, akzeptierte Patriarch Gregor VII. „auf Einladung seitens kirchlicher Kreise der russischen Bevölkerung“ die ihm vorgeschlagene „Aufgabe der Befriedung der in jüngster Zeit in der dortigen Schwesterkirche ausgebrochenen Unruhen und Meinungsverschiedenheiten, indem dafür eine besondere patriarchale Kommission eingesetzt wurde“. Die in den Protokollen erwähnten „kirchliche Kreise der russischen Bevölkerung“ waren keineswegs die Russische Märtyrerkirche, die damals grausame Verfolgungen seitens der gottlosen Regierung erlitt, sondern die spalterischen Gruppen, die mit dieser selben Macht zusammenarbeiteten und aktiv die von ihr organisierte Hetzjagd auf den ehrwürdigen Patriarchen Tichon unterstützte.

Weshalb die Kirche von Konstantinopel die Spaltung der Neuerer unterstützte und damit im Kampf gegen die Russische Kirche die Seite des kommunistischen Regimes einnahm, formulierte offen derselbe Archimandrit Basilios (Dimopoulos) in seiner Botschaft im Namen „des gesamten Proletariats von Konstantinopel“, adressiert an einen der ranghöchsten Vertreter der gottlosen Regierung: „Nachdem Sowjetrussland seine Feinde geschlagen und alle Hindernisse überwunden hat und erstarkt ist, kann es jetzt den Bitten des Proletariats im Nahen Osten entsprechen, das ihm wohlwollend gesonnen ist, und es noch mehr für sich einnehmen. In Euren Händen liegt es, ... den Namen Sowjetrusslands im Osten noch populärer zu machen, als er früher war, und ich ersuche Euch dringlich, erweist dem Patriarchat von Konstantinopel einen großen Dienst, als starke und kraftvolle Regierung mächtiger Herrschaft, um so mehr, als der Ökumenische Patriarch, der im Osten als Haupt des gesamten orthodoxen Volkes anerkannt ist, klar seine Gunst gegenüber der Sowjetregierung gezeigt hat, die er anerkannt hat“. In einem weiteren Brief an denselben Sowjetbeamten erklärte Archimandrit Basilios, welchen „Dienst“ er im Blick hat: die Rückgabe des Gebäudes, das zum Kloster von Konstantinopel in Moskau gehörte und dessen Einkünfte früher jährlich an das Patriarchat von Konstantinopel überwiesen worden waren.

Nachdem er die Entscheidung von Konstantinopel erfahren hatte, eine „patriarchale Kommission“ auf das Gebiet der Russischen Kirche zu senden, brachte der gesamtrussische Patriarch Tichon, das einzig legitime Oberhaupt, einen entschiedenen Protest gegen die unkanonischen Handlungen seines Mitbruders zum Ausdruck. Seine Worte, die vor fast 100 Jahren gesprochen wurden, klingen auch in unseren Tagen aktuell: „Wir sind nicht wenig beunruhigt und erstaunt, dass der Vertreter des Ökumenischen Patriarchats, das Haupt der Kirche von Konstantinopel, sich ohne jegliche vorausgehende Kontakte mit uns als dem legitimen Vertreter und dem Haupt der Russischen Orthodoxen Kirche in das innere Leben und Handeln der autokephalen Russischen Kirche einmischt ... Jede Entsendung irgendeiner Kommission ohne Kontakt mit Mir, dem einzig legitimen und orthodoxen Ersthierarchen der Russischen Orthodoxen Kirche, ohne mein Wissen ist unrechtmäßig, wird vom russischen orthodoxen Volk nicht angenommen werden und trägt nicht zur Beruhigung bei, sondern zu größerer Unruhe und Spaltung im Leben der ohnehin schon vieles erleidenden Russischen Orthodoxen Kirche“. Die Zeitumstände verhinderten die Entsendung dieser Kommission nach Moskau. Ihr Kommen hätte mehr bedeutet als bloße Einmischung, vielmehr einen direkten Eingriff in die Angelegenheiten der Russischen Orthodoxen Kirche, wie es derzeit der Fall ist.

Um den Preis des Blutes von vielen tausenden neuer Märtyrer hat die Russische Kirche in diesen Jahren überlebt und sucht diese traurige Seite ihrer Beziehungen zur Kirche von Konstantinopel mit Liebe zu bedecken. Doch in den 1990er Jahren zeigte sich in den neuen Prüfungen der Russischen Kirche, verbunden mit tiefen geopolitischen Erschütterungen, das unbrüderliche Verhalten der Kirche von Konstantinopel von Neuem in seinem ganzen Ausmaß.

Trotz der Tatsache, dass 1978 der Patriarch von Konstantinopel Dimitrios das Dekret von 1923 bezüglich der Übertragung der Estnischen Orthodoxen Kirche in die Jurisdiktion von Konstantinopel als hinfällig erklärt hatte, dehnte 1996 das Patriarchat von Konstantinopel in antikanonischer Weise seine Jurisdiktion auf Estland aus. Als Folge davon war das Moskauer Patriarchat gezwungen, zeitweise die eucharistische Gemeinschaft mit Konstantinopel abzubrechen.

In derselben Zeit unternahm das Patriarchat von Konstantinopel erste Versuche, sich in die kirchlichen Angelegenheiten der Ukraine einzumischen. 1995 wurden spalterische ukrainische Gemeinschaften in den USA und in Ländern der Diaspora in die Jurisdiktion von Konstantinopel aufgenommen. In demselben Jahr gab der Patriarch von Konstantinopel Bartholomaios Patriarch Alexij schriftlich das Versprechen, dass die aufgenommenen Gemeinschaften „nicht mit anderen ukrainischen spalterischen Gruppierungen zusammenarbeiten oder Gemeinschaft haben werden“.

Die Versicherungen, dass die Vertreter des ukrainischen Episkopates des Patriarchats von Konstantinopel in den USA und Kanada nicht in Kontakt und in Konzelebration mit den abgespaltenen Kreisen treten würden, erfüllten sich nicht. Das Patriarchat von Konstantinopel ergriff keine Maßnahmen, um deren kanonisches Bewusstsein zu stärken, und wurde von ihnen in den antikanonischen Prozess der Legalisierung der Spaltung in der Ukraine hineingezogen – auf dem Wege der Schaffung einer parallelen kirchlichen Struktur und indem dieser der Status der Autokephalie gewährt wurde.

Die Position zur Frage der Autokephalie, die jetzt das Patriarchat von Konstantinopel verlauten lässt, widerspricht völlig der einhelligen Position aller Lokalen Orthodoxen Kirchen, wie sie als Resultat der schwierigen Diskussionen in der Vorbereitung der Heiligen und Großen Synode erarbeitet wurden, festgehalten in dem Dokument „Die Autokephalie und die Mittel ihrer Verkündigung“. Dieses Dokument wurde von den Leitern aller Lokalkirchen unterzeichnet, darunter auch die Kirche von Konstantinopel.

Da eine offizielle Bitte um Autokephalie vom Episkopat der Ukrainischen Orthodoxen Kirche nicht vorliegt, nahm Patriarch Bartholomaios eine Bitte zur Prüfung entgegen, die von der ukrainischen Regierung und von den abgespaltenen Kreisen ausging und die völlig seiner eigenen Position widerspricht, die er bis vor kurzer Zeit einnahm und die er wiederholt geäußert hat, auch öffentlich. Zum Beispiel sagte er im Januar 2001 in einem Interview mit der griechischen Zeitung „Nea Hellada“: „Autokephalie und Autonomie werden durch die gesamte Kirche verliehen durch Entscheidung eines Ökumenischen Konzils. Insofern es aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist, ein Ökumenisches Konzil einzuberufen, gewährt das Ökumenische Patriarchat als Koordinator aller Orthodoxen Kirchen die Autokephalie oder Autonomie unter der Bedingung, dass alle diese Kirchen zustimmen“.

Die jüngsten einseitigen Handlungen und Äußerungen von Patriarch Bartholomaios bilden für die Orthodoxie fremde ekklesiologische Sichtweisen. Kürzlich bekräftigte Patriarch Bartholomaios bei einer Ansprache vor einer Versammlung von Hierarchen des Patriarchats von Konstantinopel: „Die Orthodoxie kann ohne das Ökumenische Patriarchat nicht existieren“, und: „Für die Orthodoxie dient das Ökumenische Patriarchat als Sauerteig, der ‚den ganzen Teig’ (Gal 5,9) der Kirche und der Geschichte durchsäuert“. Diese Aussagen lassen sich schwerlich anders beurteilen denn als Versuch, die orthodoxe Ekklesiologie nach dem römisch-katholischen Modell umzugestalten.

Besondere Trauer rief in der Russischen Orthodoxen Kirche die jüngste Entscheidung der Heiligen Synode der Kirche von Konstantinopel hervor, eine zweite Ehe für Kleriker zuzulassen. Diese Entscheidung verletzt die Heiligen Canones (den 17. Apostelkanon, den dritten Kanon der Trullanischen Synode, den ersten Kanon der Synode von Neocäsarea, die 12. Regel des hl. Basilius des Großen), tritt den gesamtorthodoxen Konsens mit Füßen und ist faktisch eine Absage an die Ergebnisse des Konzils von Kreta 2016, um dessen Anerkennung das Patriarchat von Konstantinopel sich bei den einzelnen Lokalkirchen so aktiv bemüht.

Bei den Versuchen, seine Machtfülle durchzusetzen, die nicht existiert und niemals existiert hat, mischt sich das Patriarchat von Konstantinopel derzeit in das kirchliche Leben in der Ukraine ein. In ihren Erklärungen nehmen sich die Hierarchen der Kirche von Konstantinopel heraus, den Metropoliten von Kiew und der ganzen Ukraine Onufrij „antikanonisch“ zu nennen, weil er den Patriarchen von Konstantinopel nicht kommemoriere. Dabei hat Patriarch Bartholomäus früher, bei der Synaxis der Leiter der Lokalkirchen in Chambésy im Januar 2016, Metropolit Onufrij öffentlich als einzigen kanonischen Leiter der Orthodoxen Kirche in der Ukraine bezeichnet. Anschliessend gab der Leiter der Kirche von Konstantinopel das Versprechen, dass weder während des Konzils von Kreta noch im Anschluss daran irgendwelche Bemühungen unternommen würden, um die Spaltung zu legalisieren oder einseitig irgendjemandem die Autokephalie zu gewähren.

Mit Bedauern müssen wir feststellen, dass das gegebene Versprechen jetzt gebrochen ist. Die einseitigen, antikanonischen Handlungen des Thrones von Konstantinopel auf dem Territorium der Ukraine, vollzogen unter vollständiger Missachtung der Ukrainischen Orthodoxen Kirche, stellen eine direkte Unterstützung der ukrainischen Spaltung dar. Unter den vielen Millionen Gläubigen der Ukrainischen Orthodoxen Kirche ruft die Tatsache, dass das Patriarchat von Konstantinopel, das sich als Mutterkirche der Ukrainischen Kirche betrachtet, seinen Kindern Steine gibt statt Brot und eine Schlange statt eines Fischs (Lk 11,11), eine äußerste Versuchung hervor.

Die tiefe Besorgnis der Russischen Orthodoxen Kirche wegen der fehlerhaften und verzerrten Darstellung der Kirche von Konstantinopel über das, was in der Ukraine vor sich geht, wurde am 31. August 2018 durch den Patriarchen von Moskau und der ganzen Rus’ Kyrill persönlich an Patriarch Bartholomaios übermittelt. Doch wie die weiteren Geschehnisse zeigen, wurde die Stimme der Russischen Kirche nicht gehört, und nur eine Woche nach dem Treffen veröffentlichte das Patriarchat von Konstantinopel die antikanonische Entscheidung über die Ernennung seiner „Exarchen“ in Kiew.

In der kritischen Situation, in der die Seite von Konstantinopel sich praktisch weigert, die Frage auf dem Weg des Dialogs zu lösen, ist das Moskauer Patriarchat gezwungen, die betende Kommemoration des Patriarchen von Konstantinopel Bartholomaios beim Gottesdienst zu suspendieren sowie auch mit tiefem Bedauern die gemeinsame Zelebration mit Hierarchen des Patriarchats von Konstantinopel abzubrechen und die Teilnahme der Russischen Orthodoxen Kirche an Bischofsversammlungen und ebenso auch in theologischen Dialogen, multilateralen Kommissionen und allen anderen Strukturen, in denen Vertreter des Patriarchats von Konstantinopel den Vorsitz oder den Mitvorsitz haben, zu unterbrechen.

Sollte die antikanonische Handlungsweise des Patriarchats von Konstantinopel auf dem Territorium der Ukrainischen Orthodoxen Kirche sich fortsetzen, werden wir gezwungen sein, die eucharistische Communio mit dem Patriarchat von Konstantinopel vollständig abzubrechen. Die ganze Fülle der Verantwortung für die tragischen Folgen dieser Trennung liegt persönlich beim Patriarchen von Konstantinopel Bartholomaios und bei den Bischöfen, die ihn unterstützen.

Im Bewusstsein, dass die Vorgänge eine Gefahr für die gesamte Weltorthodoxie darstellen, wenden wir uns in dieser schweren Stunde mit der Bitte um Unterstützung an die Lokalen Autokephalen Kirchen, und wir rufen die Leiter der Kirchen auf, unserer gemeinsamen Verantwortung für das Geschick der Weltorthodoxie Aufmerksamkeit zu schenken und eine brüderliche gesamtorthodoxe Erörterung der kirchlichen Situation in der Ukraine zu initiieren.

Wir appellieren an die Fülle der Russischen Orthodoxen Kirche und rufen alle zum glühenden Gebet für die Erhaltung der Einheit der Heiligen Orthodoxie auf.

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Anmerkung [1] Bewegt von dem aufrichtigen Wunsch, die Orthodoxie zu unterstützen, die in der Minderheit ist und sich mitunter in einer ziemlich schwierigen Situation befindet, erteilte das Moskauer Patriarchat seinerseits im Jahr 1948 die autokephalen Rechte an die Orthodoxe Kirche in Polen und bestätigte den autonomen Status der Orthodoxen Kirche in Finnland, erteilt durch den ehrwürdigen Patriarchen Tichon im Jahre 1921; 1957 stimmte das Patriarchat zu, alle kanonischen Streitigkeiten und Missverständnisse zwischen der Finnischen Orthodoxen Kirche und der Russischen Orthodoxen Kirche dem Vergessen anheimzugeben, den finnischen Erzbischof im bestehenden Status anzuerkennen und das Kloster von Neu-Walaam in dessen Jurisdiktion zu übergeben. Daraufhin wurde die kanonische Gebetsgemeinschaft wiederhergestellt.  

Original: www.patriarchia.ru

Übersetzung ins Deutsche: Prof. Barbara Hallensleben (Universität Fribourg)
veröffentlicht in: ONA-News, Orthodoxe Nachrichten-Agentur (ONA), Nummer 39 vom 18. September 2018